Die folgenden Informationen wurden freundlicherweise zusammengestellt von
Dr. phil. Heinz Lippuner

Die Farbe Gelb

Historisch gesehen ist die gelbe Farbigkeit die des Neides, aber auch der Menschen, die sich außerhalb der Normen bzw. Vorstellungen unserer/der Gesellschaft bewegen.
Seit dem Mittelalter gilt Gelb auch als Farbe des Neides und als Schandfarbe von diskriminierten Gruppen.
Im Mittelalter war Gelb eine Farbe der Ächtung: Dirnen, Juden und Ketzer mußten gelbe Zeichen als Symbol der Schande tragen.
Während in Europa das Gelb nie als Herrschaftssymbol wie das Rot fungierte, trugen die Königstöchter oft gelbe, mit Safran gefärbte Seidengewänder. Der Farbstoff benötigte reinweißes Textilmaterial, da er mit Geweben wie Baumwolle Grauschleier ergab, daher kam nur die teure Seide in Frage. 

Safrangelb galt als Farbe der Liebe und später auch der Wollust. Die römische Liebesgöttin Venus trug ein gelbes Gewand. Aus diesem Grunde wurde die Farbe im Mittelalter vom Christentum zur Farbe der Dirnen umfunktioniert. Sie wurden gezwungen, zur Erkennung ein gelbes Band, einen gelben Gürtel oder einen gelben Umhang zu tragen. Da das Gelb sehr leicht durch andere Farbstoffe "verschmutzt" wurde, belegte man das grünliche-schmierige Gelb mit Ekel, als Farbe des Eiters und des Aussatzes. Der Maler Giotto di Bondone (1267-1337) stellte Judas im Fresko "Der Judaskuss" als Verräter in einem gelben Mantel dar. Wo eine gelbe Flagge wehte, wütete die Pest. Nach altem Glauben sah man die Ursache für jeglichen Ärger in der Galle. Eine Gelbfärbung der Haut symbolisierte Ärger und ewigen Neid ("gelb vor Neid") und Eifersucht, aber auch Geiz.

Nach der christlichen Vorstellung waren Neid und Geiz zwei der sieben Todsünden, was einen weiteren Grund darstellte, um die Farbe Gelb zu diskriminieren. Einen Höhepunkt erlitt die Farbe der Geächteten, als die Nationalsozialisten die Juden zwangen, einen gelben Davidsstern als Erkennungszeichen zu tragen. Die Geschichte der Judenverfolgungen durch die Christen ist jedoch wesentlich älter. Im 12. Jahrhundert mussten die Juden einen gelben Hut tragen.

Die Kleiderordnung des Mittelalters: Hamburger Prostituierte mußten um 1445 ein gelbes Kopftuch tragen, in Leipzig trugen sie um 1506 einen kurzen gelben Umhang. An anderen Orten war ihre Kennzeichen ein gelber Schleier oder gelber Kleiderbesatz.

Gelbe Türen kennzeichneten die Häuser der Geächteten oder - wie wir sie heute bezeichnen würden - der Randgruppen. Ketzer mußten bei ihrer Hinrichtung ein gelbes Kreuz tragen. Gelb als Farbe der Geächteten finden wir auch im dritten Reich, Juden mussten sich den gelben Judenstern an ihre Kleidung nähen.

Wie kam es, daß sich das Gelb der Sonne zu dem Gelb der Ausgestoßenen wandelte?

Gelb ist eine Farbe, die weithin sichtbar ist, auch in der Dämmerung oder im Dunkeln. Gelb kann der Träger nicht verstecken, diese Farbe ruft Aufmerksamkeit hervor. Und genau das wollte man erreichen, wenn, wie im Mittelalter die Ausgestoßenen der Gesellschaft, Gelb tragen mußten.

Ein weiterer Grund für diese negative Bedeutung des gelben Farbtones war die Gewinnung des Farbstoffes.

Wie wurden Stoffe gelb gefärbt?

Vor der Entwicklung der künstlichen Farbstoffe färbte man die Stoffe mit Safran gelb. Safran jedoch ist sehr teuer und kostbar. Für ein Kilo Farbstoff werden 100000 bis 200000 Blüten benötigt. Damit kann man ungefähr 10 Kilogramm Wolle färben.

Das Färben der Kleidung mit Safran war daher für die meisten Menschen zu teuer, und alle anderen gelb färbenden Mittel erzeugten eher einen schwachen, fahlen Farbton, wie z.B. Saflor und Wau. Deshalb verwendete man diese Farbstoffe eher als Grundbasis für andere Farbtöne.

Gelb besitzt zwei Seiten. Die von der Sonne abgeleitete Farbigkeit ist positiv, es ist die Farbigkeit des Lichtes, des Goldes, der Wärme.

Gelb ist die Farbe der Sonnengötter: Helios, Apollo, Sol. Damit wird Gelb auch zur Farbe des Sommers, die Ähren und die Früchte sind reif.

Als Warnfarbe ist Gelb für Gefährliches, im Fußball gibt es eine Verwarnung mit der gelben Karte. So symbolisiert die Farbe Gelb eben auch das Unangenehme.

In der MA-Szene hat sich in den letzten Jahren eine doch sehr kategorische Farbenlehre zur Gewandungsgestaltung entwickelt. Allen voran ging es dabei natürlich um die sehr umstrittene Farbe Gelb. Wenn auch die meisten schon kapiert haben, zwischen fahlem Gelb und dem edlen Gold(-gelb) zu unterscheiden, so macht die Mehrheit es sich immer noch sehr einfach mit der Meinung "gelbe Kleidung = Prostitution". Das läßt sich zwar gut merken, genauso wie die festgefahrenen Ansichten über die anderen Farben (z.B. Blau = Adel, Reichtum), in Wahrheit aber ist die Sache mit den authentischen mittelalterlichen Kleiderordnungen viel viel komplizierter. Schon allein deswegen, weil in fast jeder Stadt eine andere Regelung galt.

Generell ist es schon wahr: blasses Gelb war eine negative Farbe zur Kennzeichnung sozialer Außenseiter. Und oft waren die "freien Töchter" auch durch irgendein gelbes Zeichen als solche zu erkennen. Aber wie immer gibt es dazu auch Ausnahmen.

Grundsätzliches Merkmal der Prostituiertenkleidung war zuerst das Auffällige. Das konnten auch farbige Bänder, Flicken oder spezielle Kopfbedeckungen sein. Weil Kleidung auch ein Statussymbol war, verboten die Kleidervorschriften für Prostituierte zunächst einmal zu prunkvolle Kleidung (z.B. Samt) bzw. Accessoires aus Gold und teuren Edelsteinen oder schrieben eine Höchstlänge (z.B. für Mäntel) vor. Außerdem gab es je nach Stadt spezielle zusätzliche Kennzeichen. In Wien war das ein gelbes Tüchlein an der Achsel, in Frankfurt a. M. eine gelbe Verbrämung, aber z.B. in Hamburg eine besonders geschnittene Haube, in Zürich und Bern eine rote Kappe. In Augsburg war das ein Schleier mit einem zwei Finger breiten grünen Strich.

Gelb war seit der römischen Kaiserzeit die galante, erotische Farbe. Die Kirche verteufelte aus ihrer Einstellung zum Eros das Gelb, insbesondere das Schwefelgelb zur Farbe des Höllenfürsten, der Dirnen, aber auch der Fahrenden und Juden!

Ab dem 13. Jh. waren gesellschaftliche Außenseiter, vor allem die jüdische Bevölkerung durch ein gelbes Zeichen an der Kleidung zu erkennen. So war ein gelbes Gebende vorgeschrieben für Jüdinnen, Pfarrkonkubinen und Prostituierte, was aber auch andere Frauen nicht daran hinderte, in modischem Bestreben darin Abwechslung vom üblichen, weißen Gebende zu suchen. Berthold von Regensburg regt sich jedenfalls nachhaltig über solch modisches Gebaren auf.

Noch ein Beispiel für soziale Außenseiter; Wer in Basel beim Glücksspiel erwischt wurde, ganz besonders beim Würfelspiel, wurde dadurch "geoutet", daß er längere Zeit eine gelbe Gugel tragen mußte, die durch drei große schwarze Würfel mit weißen Augen gekennzeichnet war. Diese Diskriminierung durch Kleiderordnungen war im MA gängige Praxis und ist daher wohl als "authentisch" anzusehen.

 

Sprachliches

Im Englischen bedeutet "Yellow" feige. Ein unsicheres, gezwungenes Lächeln nennen die Franzosen ein gelbes Lachen. Im Russischen ist ein gelbes Haus ein Irrenhaus.